Aus ihrer Geschichte

Nach der feierlichen Einweihung der Heiliggeistkirche im Jahre 1912 liegen bereits aus dem Jahr 1913 (Orgelbau Klais, Bonn), 1914 (Orgelbau Kuhn, Männedorf) und 1916 (Orgelbau GolI, Luzern) die ersten Dokumente vor, die auf Pläne zur Errichtung einer grossen Orgel hinwei­sen.

Warum 1921 nicht eine der namhaften Orgelbaufirmen, sondern die damals noch kleine Firma Gebr. Späth in Rapperswil die Orgel erstellte, ist nicht mehr in Erfah­rung zu bringen. Vermutlich lag es auch an den eher knappen finanziellen Mitteln der Pfarrgemeinde, was sich übrigens wie ein roter Faden durch die ganze Orgel­geschichte hindurchzieht.

Eine Orgel in der Tradition der Romantik
Die Disposition von J. Dobler, Altdorf - übrigens fast identisch mit einem Vorschlag der Firma GolI aus dem Jahre 1917 - folgte aber nicht der damals schon aufkom­menden Orgelbewegung mit ihrer Rückbesinnung auf das barocke Klangideal und die mechanische Bauweise. Vielmehr wurde die neue Orgel ganz in romantischer Tradition gebaut mit vielen grundtönigen, verschmelzungsfähigen Registern und röhrenpneumati­scher Traktur mit Taschenladen. Als Experten wirkten P. Joachim Gisler OSB und A. Imahorn aus Olten mit. Der kunstvolle Orgelprospekt wurde von Josef Lutz ge­schnitzt. Am 2. Oktober 1921 wurde die neue Orgel von Pfarrer Mäder geweiht und vom neugewählten Organi­sten Otto Rippl vorgestellt.

Ein billiges Werk?
Einer Expertise aus dem Jahre 1945 von P. Stephan Kol­ler OSB ist zu entnehmen, dass die Orgel durch starke Verschmutzung sehr gelitten hatte, was nach 24 Jahren nicht verwunderlich ist. Er empfahl dringend eine Revi­sion und taxierte in einer «Bemerkung prinzipieller Art» dieses Instrument in Bezug auf Material, Spieltechnik und Klanglichkeit als billiges Werk, das zudem dem Ideal des wahren, spezifischen Orgel­klangs, nämlich der Barockorgel, so gar nicht entsprach. Da aber keine Mittel für ein neues Instrument aufzubrin­gen waren, wurden 1946 von der Orgelbaufirma Kuhn AG die von ihm vorgeschlagenen Verbesserungen in einer Generalrevision vorgenommen, die Voix Celeste 8' durch eine Terz 1 3/5 ersetzt und das Instrument sonst so belassen, wie es erbaut worden war.

Die nächste Station führt uns ins Jahr 1968, in dem ein Wechsel im Amt des Organisten anstand. Das «Problem Orgel» wurde wieder zur Diskussion gestellt. Verschie­dene Gutachten von Organisten und Orgelbauern be­scheinigten dem Instrument «. . . klangliche Veralterung und Armut; wenige Nuancen; Sünde gegen die physika­lischen Gesetze der Orgel; fades, flaches, breiiges, asthmatisches, schwindsüchtiges Instrument; schlechte Mensuren, miserables Material; ausgeleierter, unpräzi­ser, unzuverlässiger technischer Apparat. . .»

So wurde daran gedacht, zunächst eine kleinere mecha­nische Orgel als Übergangsinstrument zu bestellen, bis genügend finanzielle Mittel für den Neubau einer gros­sen Orgel vorhanden wären, und das alte Instrument un­terdessen abzureissen. Dieses Projekt konnte wie 1946 aus Geldmangel nicht reali­siert werden. Damit wurde zum Glück die Zerstörung dieses Instrumentes ein zweites Mal verhindert.

Noch knapp bespielbar
Anlässlich der ersten Etappe der Kirchen-Innenrenova­tion verstaubte 1975 die Orgel derart, dass sie von No­vember 1979 bis März 1980 den Geist völlig aufgab. Sie wurde als noch knapp bespielbar, jedoch nicht mehr re­paraturfähig, eingestuft. Ein Neubau drohte wiederum jeglichen finanziellen Rahmen zu sprengen. Ausserdem wiesen erste zaghafte Stimmen (R. Bruhin und die Or­gelbauer M. Senn und E. Müller) auf den möglichen Wert dieser Orgel als «historisches» Instrument hin. Der Geist der «barocken Orgelbewegung» wehte bereits nicht mehr so stark. Nun setzte sich, wenn auch gegen eini­gen Widerstand, die Einsicht durch, dass der heu­tigen musikalischen Vielfalt ein ebenso vielfältiges In­strumentarium zur Verfügung stehen sollte. 1982 wurde schliesslich festgestellt: In der Heiliggeistkirche ist eine der selten gewordenen romantischen Orgeln vorhan­den, die weder durch grosse Umbauten, noch durch äussere Einflüsse, viel von ihrer Eigenart eingebüsst hat.

Ja zur Orgelrenovation und damit zu dieser Orgel
Die Pfarreiversammlung 1982 beschloss eine Renova­tion auf den Zustand von 1921 und nahm die einmalige Chance wahr, eine in Klang und Spieltechnik originale romantische Orgel zu erhalten, was nicht nur die beste, sondern auch kostengünstigste Lösung war.

AIs Orgelexperte wirkte Rudolf Bruhin. Die Orgelbauer Balz Dürst (Technik) und Eduard Müller (Intonation) von der Orgelbaufirma Th. Kuhn AG, Männedorf renovierten und restaurierten in mühsamer Kleinarbeit von Juli 1983 bjs März 1984 die Orgel. Die 1946 entfernte Voix Celeste 8' wurde - von der Orgelbaufirma Kuhn gestiftet - wieder eingesetzt. Nach hervorragender Arbeit ertönte die neue, alte Orgel am 1. April 1984 zum Kollaudationskon­zert unter den Händen des damaligen Organisten Herrn Egon Theimer in all ihrer Pracht.

Text: Joachim Krause